„Grünes Licht“ vom Rat für alle fünf Projekte
Nottuln. Das ging schnell und ziemlich unspektakulär über die Bühne: Es brauchte nur wenige Minuten, da waren die fünf Bürgeranträge, die die Nottulner Jugendlichen im Rahmen von „Jugend entscheidet“ der Hertie-Stiftung eingebracht hatten, vom Rat der Gemeinde Nottuln in der Sitzung vom 1. April durchgewunken.
Seine Mitglieder votierten jeweils einstimmig für die Vorhaben der Jugendlichen. Somit gibt es nun Finanzierungszuschüsse für Nistkästen und die Anlage insektenfreundlicher Grünsteifen entlang von Straßen in Höhe von 2000 beziehungsweise 5000 Euro; die Bürgeranregung, an den Schulen in Nottuln eine Klimaschutz-Woche durchzuführen, ist ein Prüfantrag geworden; für den Treffpunkt ohne Erwachsene kann nun ganz offiziell nach einem Standort für einen Container oder einen Bauwagen gesucht werden und für die Planungen einer Skateanlage an der Kolpingstraße im Nottulner Süden gab es ebenfalls „grünes Licht“ vom Rat der Gemeinde Nottuln.
Die 18 Jugendlichen, die zusammen mit ihren Mentorinnen im Zuschauerbereich des großes Saals im Appelhülsener Bürgerzentrum Schulze Frenkings Hof saßen, verfolgten das Geschehen vor ihnen aufmerksam und deshalb entging es ihnen wahrscheinlich nicht, als Bürgermeister Dr. Dietmar Thönnes von einer eher selten gesehenen Einmütigkeit der Ratsmitglieder bei der Abstimmung über ihre Anträge sprach: Keine Wortmeldungen und eine Einstimmigkeit bei allen Fraktionen.
„Das lief ja gerade wie mit Seife geschmiert“, freute sich auch der Verwaltungschef über den glatten Durchmarsch. Er bedankte sich ausdrücklich bei der Nottulner Jugend: „Ihr habt uns mit eurer Begeisterung für Jugend entscheidet und für eure Projekte angesteckt!“
Dass über Vorhaben so einmütig entschieden wurde, „ist nicht immer so“, machte Thönnes darauf aufmerksam, dass solche Abstimmungen, egal ob ihnen Anträge aus der Bürgerschaft, der Verwaltung oder der Politik zugrunde liegen, längst nicht in jedem Fall so durchgehen.
Häufig würden sie kritisch betrachtet und kontrovers diskutiert. Dass ein Antrag komplett durchfällt, sei ebenfalls an der Tagesordnung, so der Bürgermeister.
„Das aber ist Demokratie und gehört zur Kommunalpolitik dazu“, macht Thönnes darauf aufmerksam, dass alle an einem solchen Prozess Beteiligten, auch mit Enttäuschungen und Niederlagen leben müssten.
Es war ein wichtiger Hinweis für die Mädchen und Jungen, die sich mit ihrer Teilnahme bei „Jugend entscheidet“ das erste Mal auf das kommunalpolitische Parkett begeben haben.
Der Rat der Gemeinde Nottuln hatte diese fünf Bürgeranregungen nach Paragraf 24 der Gemeindeordnung von NRW extra wegen der Jugendlichen, die zur Ratssitzung eingeladen waren, auf der Tagesordnung nach vorne gezogen. Sie wurden unter Punkt Vier direkt nach den Regularien verhandelt – auch das ist sonst nicht üblich. Die Bürgeranträge sind immer bestimmten Ausschüssen zugeordnet, die normalerweise der Reihe nach abgearbeitet werden.
Ein kleiner Film vorweg, von Ehrenamtskoordinatorin Vanessa Kalkhoff zusammengestellt, holte bei der Verwaltung und dem Rat, Zuschauer:innen und Jugendlichen die ganze Zeit von „Jugend entscheidet“ noch einmal zurück, und sorgte für Gänsehautmomente. Auch dass Victoria Luh, Referentin bei der Hertie-Stiftung, ihr Wort an den Gemeinderat richten durfte, war an diesem Abend im Schulze Frenkings Hof eine weitere Ausnahme. Victoria Luh wusste diese Gelegenheit zu nutzen, und dankte der Gemeinde Nottuln für die Chance, die sie den Jugendlichen mit „Jugend entscheidet“ gegeben habe: „Damit haben Sie ihnen das Gefühl gegeben, mitentscheiden zu können. Und die Jugendlichen haben die Erfahrung gemacht, dass ihre Entscheidungen etwas bewirken können.“
Nach dem Tagesordnungspunkt Vier war für die Jugendlichen die Ratssitzung beendet. Sie trafen sich zusammen mit ihren Mentorinnen, Mitgliedern des Kommunalen Teams sowie Urs Südhof, der als Prozessbegleitung der Hertie-Stiftung Jugend entscheidet in Nottuln von Anfang betreute, und Victoria Luh zum gemeinsamen Pizza-Essen in der Upkammer des alten Schulzen-Hofes – spendiert von der Gemeindeverwaltung. Klar, dass bei einem so durchschlagenden Erfolg gute Laune pur herrschte. „Jetzt können wir endlich nach einem Standort für unseren Container suchen“, freuen sich Lena Hellmann, Helen Lütke Aldenhövel und Agnes Kentrup auf die nächsten Arbeiten an ihrem Projekt „Treffpunkt ohne Erwachsene“, das sie weiterhin mit ihren Mentorinnen Mara Schulte-Eistrup und Andrea Quadt-Hallmann verfolgen werden.
Auf die Fortführung ihres nun offiziell genehmigten Projektes „Skateanlage für Nottuln“ sind Adrian Hols, Darian Reiß und Jannes Helmig ebenso gespannt. Zwischendurch hatten die drei und ihre anderen Mitstreiter durchaus Zweifel, „ob der Skatepark überhaupt was wird.“ Und auch wenn sie diejenigen sind, die am längsten auf die Umsetzung ihres Projektes warten müssen – der Baubeginn ist voraussichtlich 2027 – sind sie positiv gestimmt: „Wir sind gespannt auf die nächsten Treffen“, sagen sie. Nun wohlwissend, dass es in der Politik mal dauern kann, bis es so richtig losgeht: „Das schaffen wir schon“, sagen die drei Jungs. „Wir wären beim nächsten Mal von Jugend entscheidet gerne wieder mit dabei”, fügen sie hinzu. Das muss kein Wunsch bleiben, denn „Jugend entscheidet“ wird es weiterhin in Nottuln geben: Der Prozess der politischen Jugendbeteiligung soll einen festen Platz in der Gemeinde Nottuln bekommen.




